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Friday, March 25, 2011

Schmutzige Wäsche in „Stalins Badezimmer“

In der Präambel des Redaktionsstatuts der „Berliner Zeitung“ ist vom „hohen Niveau ihrer Berichterstattung und Kommentierung“ die Rede. An diesem Anspruch sollten sich auch die Methoden der Recherche messen lassen.

Unter dem Titel „Wie ich Stalins Badezimmer erschuf“ berichtete ein Journalist in der „Berliner Zeitung“ vom 24.03.2011 darüber, wie er den Wikipedia-Artikel über die Karl-Marx-Allee verfälscht hatte und wie diese Falschinformation weiter verbreitet wurde.

Vielleicht ist es ein wenig in Vergessenheit geraten, daß Autoren in Wikipedia unbezahlte Arbeit leisten. Nennt man dies richtigerweise ehrenamtlich, wie der Autor des Artikels, dann bekommt seine journalistische und bezahlte Arbeit einen seltsamen Beigeschmack. Dabei ist seine Recherche nicht einmal sorgfältig, denn wenn er schreibt, eine „Schar ehrenamtlicher Mitarbeiter prüft die Einträge der Nutzer vor Veröffentlichung auf Plausibilität“, dann ist das schlicht falsch. Die sogenannte Sichtung bedeutet lediglich, daß „ein regelmäßiger Autor der Wikipedia den Artikel durchgesehen hat und die Version frei von offensichtlichem Vandalismus ist“ (Wikipedia:Gesichtete Versionen).



Nüchtern betrachtet ist das, wozu sich der Journalist in seinem Artikel bekennt, eine „vorsätzliche und bewusste Beschädigung von Inhalten der Wikipedia“ (Wikipedia:Vandalismus). Es wäre interessant zu wissen, welche ethischen Maßstäbe er an seine journalistische Tätigkeit legt. Wenn man in der Präambel zum Pressekodex liest, daß Journalisten ihre publizistische Aufgabe fair wahrnehmen sollen, dann wundert man sich schon, daß die anonyme Veröffentlichung einer Unwahrheit vom Autor selbst später dazu genutzt wird, um sie als falsch zu entlarven und sich Gedanken über „Wahrheit“ zu machen. An gleicher Stelle unter Ziffer 1 findet der Leser Interessantes über Wahrhaftigkeit, nämlich daß die „Achtung vor der Wahrheit“ zu den obersten Geboten der Presse gehöre und „jede in der Presse tätige Person ... auf dieser Grundlage das Ansehen und die Glaubwürdigkeit der Medien“ wahre. Dem bleibt nichts hinzuzufügen.

Siehe auch: Deutscher Presserat billigt Vandalismus in Wikipedia

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